Dr. Jon Schubert

Jon Schubert arbeitet zu politischer und ökonomischer Ethnologie, mit ausgedehnter Feldforschungserfahrung in Angola und Mosambik. Seine Forschungsinteressen und Publikationen beschäftigen sich mit Fragen der politischen Autorität, der Erfahrung von und Erinnerung an politische Gewalt, dem Einfluss der Rohstoffindustrie und des internationalen Handels auf afrikanische Gesellschaften, mit dem sozialen Leben von Infrastrukturen, und Fragen der nachhaltigen Stadtentwicklung in Zeiten des Klimawandels.

Nach einem Jahr als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe für Politische Anthropologie in Konstanz, erhielt er die Eccellenza-Förderprofessur der Swiss National Scientific Founcation (SNF), in welcher er sein Projekt PRECURBICA — Precarious Urbanisms in Coastal Africa am Fachbereich für Urban Studies der Universität Basel durchführen wird. Afrikanische Städte sind in vielerlei Hinsicht der Zeit voraus, doch obwohl sie als die "anfälligsten" Städte für den Klimawandel bezeichnet werden, bleiben sie in den aktuellen Debatten über Urbanismus und Klimawandel weitgehend unsichtbar. PRECURBICA kehrt die Perspektive um und stellt afrikanische Akteure auf dieselbe analytische Ebene wie die "globalen" Stadtplanenden und Politikbetreibenden, die diese Debatten normalerweise dominieren. Anstatt urbane "Prekarität" als endemischen Zustand zu betrachten, der afrikanische Gesellschaften in eine Position der Abhängigkeit drängt, versteht das Projekt dies als Einladung, Strategien des Lebens und der Gestaltung der Stadt angesichts der drohenden Klimakrise aufzudecken und daraus zu lernen.

Sein erstes Buch, Working the System: A Political Ethnography of the New Angola (Cornell University Press 2017), entwickelt durch das Prisma des emischen Begriffs des „Systems einen innovativen Zugang zur Analyse neo-autoritärer Regimes“, und bietet dadurch konzeptuelle Einsichten in Politik in Afrika, Urbanismus, kapitalistische Entwicklung, Identitätspolitik, und die Koproduktion von Hegemonie. Auf der Grundlage von anschließender Feldarbeit in Mosambik, koeditierte er Extractive Industries and Changing State Dynamics in Africa: Beyond the Resource Curse (Routledge 2018, mit Ulf Engel & Elísio Macamo), in welchem eine interdisziplinäre Perspektive auf die Refiguration afrikanischer Staaten bezüglich der Verknüpfung nationaler Politik und transnationalen Kapitalflusses betrachtet werden.

Sein letztes Forschungsprojekt (2018-2021),  Afterlives of Extractive Capitalism, welches durch den Leverhulme Traust der Brunel University London finanziert wurde, blickte anhand der ökonomischen Architektur und Transportinfrastruktur auf die Angolanische Hafenstadt Lobito, um die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Zyklen von rohstoffabhängigem Boom und Bust im Alltag zu untersuchen. Aufbauend auf neusten ethnologischen Forschungsergebnissen zu Infrastruktur, Affekt und Finanzialisierung, zeichnet diese Forschung die affektiven Auswirkungen der Auseinandersetzung der Menschen mit den Entwicklungs- und Modernitätsversprechen der wirtschaftlichen Infrastruktur der Stadt auf, um den Begriff der Krise als Notfall zu hinterfragen.

Bevor er dem Fachbereich für Urban Studies als SNF Eccellenza Professor beitrat, forschte und lehrte er im Fach für Sozialanthropologie und Regionalwissenschaften an den Universitäten Leipzig, Genf, Brunel und Konstanz und war Gastprofessor am  Graduate Institute of International and Development Studies in Genf. Er ist Mitherausgeber der Buchreihe „Politics and Development in Contemporary Africa“ des International Africa Institute und Mitglied des Herausgeberkollektivs bei Allegralab.