Kulturen der Ökonomie
Aktuelles: Netzwerk „Wissen und Wirtschaft“ neu in Konstanz angesiedelt
Das Netzwerk „Wissen und Wirtschaft“, welches Forschende mit Interesse am Verhältnis von Kultur und Wirtschaft, Diskurs und Ökonomie verbindet, ist neu an der Universität Konstanz angesiedelt. Hier wird es geleitet von Laura Rischbieter, Juniorprofessorin für Globale Wirtschaftsgeschichte, und Stefan Leins, Juniorprofessor für Ethnologie.
Hier geht es zur Website des Netzwerks "Wissen und Wirtschaft".
Forschungsprojekte von Prof. Dr. Stefan Leins

Networks of Disconnection: Towards a multi-scaled study of commodity trading practices
In seinem aktuellen Forschungsprojekt untersucht Prof. Leins transnationale Rohstoffhandelsnetzwerke an verschiedenen Knotenpunkten wie Rohstoffhandelszentren, Börsen, Häfen und Minenstädten. Bislang hatte er im Kontext des Projekts Valueworks: Effects of Financialization along the Copper Value Chain vor allem bei Rohstoffhändler*innen in Genf geforscht und im sambischen Copperbelt Minenstädte besucht. Die untersuchten Rohstoffhandelsnetzwerke sind ethnologisch interessant, da sie im Gegensatz zum Börsenhandel stark auf persönlichen Beziehungen beruhen und neben dem Kauf und Verkauf auch den Transport der gehandelten Ware steuern. Gleichzeitig haben sie zum Ziel, Güter zu standardisieren und damit weltweit handelbar zu machen. In seiner Forschung legt Prof. Leins ein besonderes Augenmerk auf den Aufbau von Handelsbeziehungen, logistische Herausforderungen und Wertvorstellungen sowie die damit verbundene Produktion sozialer und ökonomischer Ungleichheiten im transnationalen Kontext.

Stories of Capitalism: Inside the Role of Financial Analysts
Seine Promotion hat Prof. Leins 2015 an der Universität Zürich unter dem Titel „Cockpits of Capitalism: An Ethnography of Financial Analysis“ abgeschlossen. Eine überarbeitete Version der Dissertation ist 2018 bei der University of Chicago Press erschienen und trägt den Titel Stories of Capitalism: Inside the Role of Financial Analysts. Das Buch ist eine sozialwissenschaftliche und kulturanalytische Abhandlung der Rolle der Finanzanalyst*innen als Expert*innen des Finanzmarktes. Da die von Finanzanalyst*innen angewandten Prognosepraktiken sowohl in der ökonomischen Lehre als auch empirisch umstritten sind, entwickle Prof. Leins darin anthropologische Erklärungsansätze für die Existenz und Wichtigkeit dieser Finanzmarktexpert*innen. Er beschreibt ethnographisch, wie anhand von Wissensformen und Praktiken komplexe und oft widersprüchliche Sachverhalte erst zu Marktsignalen reduziert und dann in schlüssige Narrative verpackt werden. Diese Narrative werden später dazu benutzt, das Marktgeschehen gegenüber Investor*innen als erklärbar und prognostizierbar darzustellen.

Islamic finance: When cultural values meet economic rationales
Islamic finance beschreibt den Anspruch, islamische Werte in Einklang mit global ausgerichteten Finanzmarktpraktiken zu bringen. Dazu hat Prof. Leins in Bahrain, Dubai, Zürich und London geforscht. Dabei interessiert ihn besonders die Frage, wie die Scharia als ständig neu verhandeltes Regelwerk im Kontext gegenwärtiger Finanzmarktlogiken interpretiert wird und wie die Verfechter*innen einer "islamischen Ökonomie" versuchen, lokale Praktiken gegenüber konventionellen Finanzmarktpraktiken abzugrenzen.